„Die Schule soll nicht satt, sie soll hungrig machen“.
(Alfred Lichtwark, 1901)
Naturwissenschaft und Kunst scheinen auf den ersten Blick zwei getrennte Disziplinen zu sein, die nicht viel gemeinsam haben. Sie werden zumeist in unterschiedlichen akademischen Einrichtungen unterrichtet und praktiziert. Trotz dieser Trennung haben sie sich seit jeher beeinflusst. Die Grenzen beider Bereiche sind fließend.
Kunst macht Ton zu Vasen, aus Farbe Bilder, durch Regen entstehen Furchen, Flüsse graben Schluchten, Wind und Wasser schleifen Gesteinsflächen, Tiere bauen Häuser und Menschen schaffen schließlich neben Werkzeugen auch symbolische Formen und Bilder.
Von Beginn an war der Mensch nicht allein ein Optimierer des Nützlichen, sondern auch Schöpfer von Symbolen und Schönheit. Diese beeinflussen die Menschheit und sind gleichzeitig Ausdruck der Auseinandersetzung mit der Umwelt selbst.
Naturwissenschaft bedeutet: genaues Hinsehen, Wahrnehmen und Verstehen von Phänomenen in der Natur. Regelmäßiges Experimentieren bahnt die logisch-forschende Auseinandersetzung mit Naturphänomen an. Doch:
„Man sieht nur mit dem Herzen gut“, sagte der Fuchs zum kleinen Prinzen. Unsere Welt ist mehr als die Summe aller Naturphänomene. Die Beobachtung der Experimente, aber auch aller anderen alltäglichen Eindrücke auf den verschiedenen künstlerischen Ebenen lässt die Entwicklung des Selbstausdrucks zu. So stehen die prozessorientierte Verknüpfung von Forschen, Beobachten sowie die ästhetische Auseinandersetzung mit der Welt im Mittelpunkt unseres Unterrichts.
Durch die wiederholte Auseinandersetzung auf unterschiedlichen naturwissen-schaftlichen und künstlerischen Ebenen mit dem für die Kinder (und oft auch für uns) Unbekanntem, entwickeln die Kinder Toleranz gegenüber Fremdheit, es fällt ihnen leichter auszuhalten, dass etwas aus dem Zusammenhang heraus fällt, dass man nicht alles gleichzeitig bewirken kann – kurz: wir setzen sie dem Risiko der Freiheit aus. Die Freiheit, die sich ergibt aus dem Ausprobieren der eigenen Fähigkeiten.
Kinder sind heutzutage einer immer komplexeren, schnelleren und technik-versierteren Welt ausgesetzt. Damit Kinder ihr Wissen aufbauen und sich den Gegebenheiten der heutigen Zeit stellen können, ist es wichtig, dass sie die Möglichkeit haben, durch eigene Denkprozesse ihre bisherigen Konzepte in Frage zu stellen, zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu interpretieren. Den gemeinsamen Lern- und Denkprozessen in der Lerngruppe kommt hierbei eine wichtige Bedeutung zu.
Neben den naturwissenschaftlichen Aspekten wollen wir im Kunstunterricht maßgeblich zur ästhetischen Wahrnehmung beitragen. Subjektive Schönheits-empfindungen werden objektiven Betrachtungen über Herstellungs- und Ausführungsweisen gegenüber gestellt. Schüler*innen sollen zunächst intuitiv, später experimentierend künstlerisch tätig werden und die Bandbreite der Kunst kennen lernen. Kunstunterricht ist neben der Schulung des Sehens auch an der Entwicklung der Feinmotorik aber auch Sprachbildung grundlegend beteiligt. Neben der Produktion von Artefakten sollen auch die Rezeption von Kunstwerken und die Reflexion über das eigene Tun und Erfahren einen Platz einnehmen. Es geht dabei darum die Vielfalt an Möglichkeiten kennen und schätzen zu lernen und damit den Respekt zu gewinnen für den eigenen Weg des Ausdrucks und den Weg der Anderen.
Das Profil mit dem Schwerpunkt Naturwissenschaften und Künste findet erstmals im Jahrgang 1 des Schuljahres 2019/20 statt.
Das Ziel liegt dabei im Wahrnehmen und Verstehen von Phänomenen der Natur und der Kunst, sowie der prozessorientierten Verknüpfung von Forschen, Beobachten und Fühlen.
Folgende Maßnahmen sind hier angedacht und/ oder bisher auch schon realisiert worden:
- Regelmäßige Zusammenarbeit mit der Kunstpädagogin Anja Grosse in Kooperation mit der Kunsthalle Hamburg. Hierbei haben die Profilklassen auch bereits einen Besuch in der Kunsthalle durchgeführt.
- Dieser Kunsthallenbesuch ist einer von drei Museums- oder Ausstellungsbesuchen im Schuljahr.
- Durch regelmäßiges Experimentieren (z.B. durch ein „Experiment des Monats“) sollen die Kinder an naturwissenschaftliches Arbeiten (Hypothesen aufstellen, Beobachten, Überprüfen, Dokumentieren) herangeführt werden.
- Das TUWAS Projekt soll im Frühjahr zum Thema „Schmetterlinge“ durchgeführt werden.
- Im Laufe des Schwerpunktprofils Naturwissenschaft und Künste (Jahrgang 1-4) sind diverse Naturprojekte (zum Beispiel Schulgarten, Hochbeete, Weideniglus, Niendorfer Gehege, Kunst aus Naturmaterialien) möglich und werden auf die Lerngruppen individuell angepasst.
- Außerdem wird ein Foto-Jahres-Projekt umgesetzt, bei dem mit der Kamera der Jahresverlauf im schulischen Umfeld dokumentiert werden soll. Die Profilklassen sind dafür mit Kameras ausgestattet worden.
Ergebnisse werden über das Jahr im individuellen Beobachtungsheft kreativ festgehalten. So entsteht für jedes Kind eine individuelle Jahresdokumentation. Hierbei steht die individuelle künstlerische Gestaltung im Vordergrund.
Da der Schwerpunkt Naturwissenschaft und Künste erstmals im Schuljahr 2019/20 eingeführt wurde und wegen der Schulschließungen nur verkürzt umgesetzt werden konnte, sind die konzeptionellen Entwicklungen und die damit verbundenen Vereinbarungen dieser Schwerpunkt- Klassen nicht abgeschlossen, sondern ein sich weiter entwickelnder Prozess, der durch den ständigen Austausch der unterrichtenden Lehrer*innen mit Unterstützung der jeweiligen Experten und der Schulleitung weiterentwickelt und evaluiert wird.